Es landen ja regelmässig neue und (angeblich) innovative Produkte für das Baugewerbe auf dem Markt. Teilweise befinden sich auch Produkte in den Nachbarländern im Verkauf, welche wir hier in der Schweiz noch gar nicht kennen, oder diese von den Eigenschaften her einfach keinen Anklang finden. Auf einer unserer Baustellen im Juni dieses Jahres sollten Entwässerungsrinnen versetzt werden. Ursprünglich offeriert hatte ich wie so häufig die klassische ACO-Rinne, denn das Produkt überzeugt seit Jahren. Nun war der Bauherr aber auf der Suche nach einer weitaus günstigeren Variante und hat schlussendlich dann auch eine Alternative gefunden.
Fündig wurde der Bauherr auf Amazon (!) und hat vor Baubeginn Rinnen aus (rezykliertem) PE zu einem sagenhaften (!) Preis bestellt. Wir mögen ja vielleicht auf dem Mond leben, aber Rinnen aus PE kannten wir bis anhin noch nicht. Im Gegensatz zu uns, kannte der Bauherr die Rinnen aus PE aber sehr wohl, da diese, wie er meinte in Deutschland öfters versetzt werden. Grundsätzlich bin ich ja immer etwas skeptisch gegenüber Produkten, die ich nicht kenne, aber trotzdem auch offen etwas Neues kennen zu lernen. Man kann durchaus Innovatives kennen lernen, es kann aber auch ganz schön nach Hinten los gehen. Im Bezug auf diese PE-Rinnen liessen wir uns dann also auf diesen Versuch ein. Schlussendlich nahm es uns ja selbst auch Wunder, ob diese Rinnen überhaupt zu gebrauchen sind und wenn ja; welche Vor- und Nachteile diese mitbringen.
Die Eigenschaften der PE Rinne
Wie schon erwähnt bestehen diese Rinnen aus rezykliertem PE-Material. So entgeht einem natürlich nicht, dass das Gewicht um ein vielfaches leichter ist, - was diese Rinnen unglaublich handlich macht. Man könnte also auch eine grössere Menge problemlos ohne LKW transportieren und ich kann auch problemlos 3m auf einmal tragen. ;-) Vom Rinnenkörper an und für sich bzw. von der Form her, gibt es zur klassischen Variante keine wirklichen Unterschiede. Die PE-Rinne ist mit einer Höhe von 14cm aber eher tief. Der Rost ist ein einfacher Stegrost, welcher verschraubt wird. Mitgeliefert wurden zwei Stirnwände ebenso aus PE. Beide waren geschlossen, bei einer der Stirnwände wäre jedoch für einen geraden Abgang eine Aussparung zum herausschneiden vorhanden gewesen. Für einen Anschluss nach unten war in der Rinne selbst eine Aussparung zu Ausschneiden markiert.
Die Vorarbeiten für das Versetzen dieser PE-Rinnen sind die selben, wie bei einer klassischen Rinne aus Polymerbeton / Beton. Die Rinnen aus PE hatten kein integriertes Gefälle, so dass die Rinnen an und für sich im Gefälle versetzt wurden. Mittels Nut und Kamm werden die Rinnen miteinander verbunden.
Die PE-Rinne in der Praxis
Theoretisch gesehen klingen diese oben genannten Eigenschaften ja eigentlich gar nicht schlecht, oder? Wie das aber so ist, liegen zwischen der Theorie und der Praxis Welten. Die Rinnen aus PE sind per se kein starrer Körper, wie die Rinnen aus Polymerbeton, was das Versetzen nicht ganz so einfach macht. Auch haben die Rinnenkörper den Anschein gemacht als wären sie verzogen und das macht das Ganze etwas Tricky. Ob das nun aufgrund der Lagerung, oder der Produktion besteht, sei dahingestellt. Verbindet man nämlich die einzelnen Rinnenstücke, macht der Rest der Rinne was er will. Der versetzte und ausgerichtete Teil der Rinne bleibt aufgrund der Flexibilität auch im Beton nicht wirklich an Ort und Stelle, wie man es von einem starren Rinnenkörper gewohnt ist und die Übergänge von Stück zu Stück sind nicht ganz so passgenau. Möchte man die Rinne also perfekt versetzt haben, so müsste man wohl Stück für Stück in Beton versetzen, so dass der bisher versetzte Rinnenkörper keine Bewegungsfreiheit mehr hat. Anders kann ich es mir nicht vorstellen. Ganz ehrlich; in der Praxis hat diese Zeit Niemand. Wir haben uns also für eine andere Variante entschieden. Alle Rinnenkörper versetzen und danach so gut es geht noch einmal ausrichten. Sparsam mit dem Beton sollte man ja sowieso nicht sein und ganz nebenbei erwähnt haftet Beton auf der glatten Fläche natürlich praktisch nicht. Es empfiehlt sich auf jeden Fall, die Maximalhöhe des Betonfundaments auszuschöpfen, denn diese Rinnen aus PE hinterlassen per se, einen nicht ganz so robusten Eindruck.
Das mit den Aussparungen und den Stirnwänden war auch so eine Sache für sich. In der Bedienungsanleitung stand, dass man die Aussparung für den Rinnenanschluss ganz einfach mit einem Japanmesser ausschneiden kann. Die Praxis ist von "ganz einfach" eher weit entfernt und es braucht schon seine Zeit, bis man mit dem Japanmesser fertig gewerkelt und die Rundung ausgeschnitten hat. Die Stirnwände waren überhaupt nicht passgenau zum Rinnenkörper, - gerade die Stirnwand bei welcher die Möglichkeit für einen horizontalen Auslauf bestand. Rein technisch gesehen ist dieser horizontale Auslauf eine totale Fehlkonstruktion. Die nötige Höhe für den Aufbau (z.B. für Verbundsteine) ist nicht gegeben, da sich die Oberkante dieses Auslaufs 4cm unter Oberkant Rost befindet. Wegschneiden kann man jedoch die (geschlossene) Aussparung auch nicht einfach, wenn man sie nicht braucht. Auch wenn man jetzt den Auslauf bei der Stirnwand machen würde, - egal ob horizontal oder senkrecht nach unten, z.B. mit einem Bogen, man könnte es drehen und wenden, es würde von der Höhe her nicht passen. Es bleibt einem also nichts anderes, als diesen Bereich mit Beton zu füllen. Alles in allem ist diese Stirnwand mit dem vorgesehenen Ablauf also prinzipiell total überflüssig.
Kommen wir zum Positiven Teil, schliesslich kann nicht alles nur schlecht sein. Ein Pluspunkt ist auf jeden Fall der Preis. Gemäss Bauherr haben 3m dieser PE-Rinne inkl. Stirnwänden und Roste so um die SFr. 55.- gekostet. Dieser Preis toppt die klassischen Rinnen auf jeden Fall. Auch der Rinnen-Rost, welcher verschraubt wird, macht im Gegensatz zur Rinne einen recht stabilen und guten Eindruck.
Entwässerungsrinnen aus PE: Sinn oder Unsinn?
Wenn es also kostengünstig, nicht zwingend die beste Qualität, wie auch nicht das beste Ergebnis, sein muss und eine nicht befahrbare Alternative zu klassischen Polymerbeton-Rinnen gefragt ist, dann ist eine Rinne aus rezykliertem PE sicher eine Möglichkeit. Diese Rinnen aus PE sind zwar nicht komplett unsinnig, jedoch infolge der Konstruktion und von den Eigenschaften her auch nur bedingt sinnvoll. Es war eine Erfahrung und generell begrüsse ich ja auch, dass wir mal was "Neues" kennen lernen durften. Trotzdem werde ich persönlich nach wie vor nur die klassischen Rinnen anbieten. Aus meiner Sicht lohnt es sich in diesem Bereich dann schon, etwas mehr Geld auszugeben. Punkt.
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